Unsere Gesundheit lebe hoch und wir gerne lange

Das Gesundheitswesen kränkelt. Zum einen fehlen Fachkräfte an allen Enden und zum andern steigen die Kosten jedes Jahr massiv an. Mängel haben immer Gründe. Auch Personalmangel.

Fast jeden Tag kann man in Medien lesen, dass das schweizerische Gesundheitssystem kränkelt. Was ungefähr eine ähnliche Mitteilung wäre, wie wenn Flugzeughersteller täglich notlanden müssten. Die Protagonisten im «Krimi Gesundheitswesen» können ihre Berufung nicht leben, weil der Profit und die Politik sie daran hindert.

Hauptprobleme sind die jährlich steigenden Gesundheitskosten und die aktuelle Personalsituation. Warum erholt sich der Patient Gesundheitswesen nicht? Ein komplexes System steht sich selbst im Weg, weil es zu viele Profiteure gibt.

Die nachfolgenden Informationen stammen aus dem Artikel «Warum die Gesundheitskosten ausser Kontrolle sind», Republik.ch vom 26.09.2023.


Das Gesundheitswesen entwickelt sich

Gehen wir zurück ins Jahr 1950. Damals waren etwa 10 Prozent der Menschen in der Schweiz über 65 Jahre alt. Das sind von den damaligen 4,7 Mio als etwa 470'000 Menschen. Heute wohnen knapp 9 Mio in der Schweiz, davon sind über 20 Prozent über 65 zig, was 1.8 Mio entspricht.

Älterwerden hat seinen Preis. Viele Menschen rutschen immer mehr in Richtung Multimorbidität.

Sie leiden an einem Paket aus verschiedenen Krankheiten. Arthrose, Bluthochdruck und Diabetes zum Beispiel. Die Folge: Mehr Medikamente. Mehr Ärzte. Mehr Kosten. Mehr Kommunikation. Medikamente haben Wechselwirkungen. Der Mix muss stimmen. Am Ende steigen die Nebenwirkungen und die Kosten um die Wette. Und dies alles bei weniger Personal.

Kranksein wird immer mehr zur Kostenfalle.

Mit zunehmender Forschung wurden auch immer mehr Untersuchungsmethoden hervorgebracht. Im Grunde genommen eine gute Entwicklung. Doch diese zusätzlichen Leistungen für ältere Menschen machen 64 Prozent des Kostenwachstums aus.

Älterwerden ist schön. Es kostet einfach mehr. Besonders das letzte Lebensjahr hat es in sich.

Wenn es um «alles» geht, was das uns Menschen gegebene Ende letztendlich nur kurze Zeit hinauszögert.


Jedem Tal sein Spital

Uns Schweizern geht es gut. London hat verglichen mit der Schweiz eine ziemlich ähnliche Einwohnerzahl. Und 39 Spitäler. Die Schweiz hat 180 Spitäler und 100 Rehabilitations- und psychiatrische Kliniken.

Ist ein Spital nicht ausgelastet, führt es mehr Behandlungen durch.

Die Kosten müssen schliesslich gedeckt werden. Laut dem Artikel aus der Republik könnten 8.4 Millionen Franken gespart werden, wenn das Gesundheitswesen effizienter gestaltet wäre.

Viel zu oft werden die teuersten Medikamente verschrieben, weil das Gesundheitswesen davon profitiert. Eine halbe Milliarde könnte eingespart werden, wenn man auf Generika setzen würde. Dass dies nicht im Interesse der Pharmaindustrie ist, liegt auf der Hand. Pharmaunternehmen verlangen für die gleichen Medikamente in der Schweiz um einiges mehr als im Ausland. Mit dem Argument der «Patientensicherheit» wurde der Versuch, Parallelimporte zu vereinfachen, im Dezember 2021 im Ständerat diskussionslos und erfolgreich versenkt.

Und so leidet nicht nur das Gesundheitspersonal an der bösartigen Krankheit «Profitgier», sondern auch die Versicherten.

Man könnte meinen, das Gesundheitswesen sei hoffnungslos erkrankt und der Kollaps vorprogrammiert.

Gäbe es da nicht überzeugende Hoffnungsschimmer. Sie zeigen, dass professionelles Gesundheitsmanagement möglich ist.

Statt Profitdenken Verantwortung und Freiheit fördern

Buurtzorg nennt sich das niederländische Tarifsystem. Der Gründer der holländischen Pflegeorganisation Buurtzorg, Jos de Blok, erkannte, dass der Administrationsaufwand immer mehr wuchs und dies auf Kosten der Pflegenden.

Die Angestellten wehrten sich. Sie wollten nicht wie Kinder behandelt werden und selber Verantwortung tragen.

Winston Churchill, ehemaliger englischer Premier und bedeutendster britischer Staatsmann des 20. Jahrhunderts, soll gesagt haben, dass es einfacher sei, ein Land zu führen, als vier Kinder zu erziehen.

Die meisten Mitarbeitenden bei Buurtzorg haben Kinder erzogen, einen Haushalt organisiert oder in Ehrenämtern Verantwortung getragen.

Das sind gute Voraussetzungen, um selbst zu planen und zu gestalten. Kleine Teams von maximal zwölf Pflegenden arbeiten bei Buurtzorg. Sie organisieren sich selbst, mit Gestaltungsfreiraum und Entlastung von administrativen Pflichten.

Die Zufriedenheit der Angestellten und Kunden ist phänomenal hoch, so das Resultat einer Studie von der Beraterfirma KPMG. Und die Qualität der Pflege ist überdurchschnittlich.

Was ist das Beste für kranke Menschen, die das Gesundheitssystem beanspruchen müssen? Gesunde und zufriedene Mitarbeitende. Weil sich so die Fehlerquellen reduzieren.

Es ist ganz einfach: Motiviertes und gesundes Personal fördert Gesundheit.

31.1.2024, Andreas Räber, GPI®-Coach, Wetzikon