Eine gute Stimmung im Gesundheitswesen erreichen?!

Was tun wir, wenn wir mit Menschen zusammen sind, deren Fokus oft auf das Negative ausgerichtet ist? Wie meiden sie! Das ist eine natürliche Handlung. Als Menschen sind wir primär auf das Negative ausgerichtet. Das hat die Natur so eingerichtet, damit wir Gefahren möglichst schnell erkennen. Doch es gibt auch ein Zuviel des Schwierigen. Darum gilt es auch im Gesundheitswesen, positiv zu denken und zu handeln. Das gerne überzeugend und verlässlich.

Das Pendant zu zwanghaft negativ ist zwanghaft positiv. Beide Einstellungen wirken destruktiv auf ein Team. Wahrhaftigkeit hilft, auf positive Art zu führen. Der Reihe nach.

Der Ruf des Gesundheitswesens ist schon seit längerer Zeit angeschlagen. Viele Pflegefachkräfte haben seit Corona gekündigt, sich eine andere Anstellung gesucht oder gar eine berufliche Neuorientierung gewagt. Wir leben in einem freien Land. Der Begriff «Berufswahl» deutet auf unsere Freiheit hin, den Beruf auszuüben, der uns gefällt. «Gefallen» beinhaltet gewisse Bedingungen und Erwartungen. Zum Beispiel Weiterbildungsmöglichkeiten, Perspektiven, ein gutes Arbeitsklima, zumutbare Arbeitszeiten, Teilzeitarbeit, angemessene Entlöhnung und vieles mehr.

Eine positive wie negative Grundstimmung - beide ziehen in ihre Richtung.

Die Gefahr ist gross, dass durch negative Stimmung eine Art Sog entsteht. Eine Person reagiert darauf, andere ziehen nach. Der «Damm» bekommt immer mehr Risse, bis er schliesslich bricht. So kann es sein, dass uns auch unsere Berufsehre und jeglicher Eid, auch in schwierigen Zeiten zu dienen, nicht mehr im erlernten Job hält.

Dieses Image wieder zu korrigieren, erfordert eine bewusst positive Denkhaltung und den Willen, gegenteilig zu handeln - von allen beteiligten Parteien. Das geht nicht ohne entsprechende Signale seitens der Führungskräfte und seitens der Gesundheitsbetriebe.


Überzeugend führen, vertrauenswürdige Signale aussenden

Im Sachbuch «Authentisch führen mit Charakter» zeigen die beiden Autoren Martin Salzwedel und Ulf Tödter Basics auf, zum Beispiel, dass

Mitarbeitende dann nicht motiviert sind, wenn es die Führungskraft auch nicht ist.

Gleichermassen, wenn Mitarbeitende das Gefühl haben, dass ihr Betrag kaum zählt, wenig bewirkt oder austauschbar ist. So kann sich keine Bindung entwickeln.

Um eine gute Stimmung aufzubauen, braucht es Vertrauen seitens der Führungspersonen zu den Mitarbeitenden. Vertrauen beinhaltet immer ein Restrisiko, dass es missbraucht werden könnte. Entgegengebrachtes Vertrauen jedoch ist ein Wert, der motiviert, es nicht zu enttäuschen.

Ist die Stimmung in einem Team schlecht, wird die Arbeitsleistung bald fehlerhaft und ungenügend. Wir sind nun mal soziale Wesen.

Ist die Stimmung positiv, können sich Menschen weiterentwickeln und es passieren weniger Fehler.

Authentizität ist besonders in Krisenzeiten enorm wichtig. Sie bedeutet, sich gegenseitig als Menschen zu begegnen und Herausforderungen gemeinsam anzugehen.


Vereinfachen, Fokus auf Vision

Wir leben in einer Welt, in der die Digitalisierung und das Controlling eine starke Bedeutung erhalten haben. Dass man Arbeitsabläufe vereinfachen und Kosten in den Griff bekommen will, ist nachvollziehbar.

Doch wenn Pflegepersonal immer mehr Adminaufgaben erledigen muss und immer weniger Zeit für die Patienten hat, findet sich eben niemand, der diesen Beruf erlernen will. Warum auch? Wenn es nicht möglich ist, die formulierte Vision zu leben?

Deshalb stellt sich die Frage, wie viele Daten Fachkräfte wirklich erfassen müssen und welche Abläufe vereinfacht werden könnten. Gesundheit hat in erster Linie mit Menschen zu tun und nicht mit Zahlen.

«Das, was Gesundheitsberufe attraktiv macht, muss viel öfter zu Wort kommen.»

Andreas Gerber-Grote von der ZHAW («Mit Good Vibes gegen den Fachkräftemangel», Medinside.ch, 1.7.2023)

Derzeit überlegt man, von Gymnasiasten eine 12-monatige Arbeitswelterfahrung vor Antritt des Studiums zu verlangen. Doch statt mit Patienten arbeiten zu können, werden sie in den Spitälern lediglich für Hilfsdienste eingesetzt.

Glaubwürdigkeit sieht anders aus!

Wie in allen anderen Berufen gilt auch im Gesundheitswesen, dass es Kernaufgaben gibt, die entscheidend für die Berufswahl sind. In der Medizin ist es zum Beispiel der Dienst und Dialog (Begleitung und Betreuung) mit vulnerablen Menschen.

Soll Nachwuchs im Gesundheitswesen sichergestellt werden, müssen attraktive Möglichkeiten geschaffen werden, um

a. einen Einstieg zu wagen (Anreize zur Handlung)

b. den Beruf langfristig zu erhalten und zu entwickeln (Anreize zum Bleiben)

Die Möglichkeit, Praxiserfahrung zu sammeln, ist eine der besten

a. um sich selbst ein Bild zu machen und

b. hartnäckige Klischees und negative Images zu widerlegen.


«Test»-Practices: Veränderungen vorleben, Beruf erlebbar machen

Gerüchte und Fake News halten sich so lange hartnäckig, bis man sich selbst ein Bild davon machen kann.

Gerüchte multiplizieren sich. Je länger sie nicht widerlegt werden, desto mehr wird hineininterpretiert.

Und gegen Windmühlen anzutreten, ist nervenaufreibend. Darum braucht es Möglichkeiten für interessierte potenzielle Gesundheitsfachkräfte, sich in einem Gesundheitsbetrieb selbst überzeugen zu können - und ganz wichtig, auch seine Träume erleben zu können. Daraus entstehen neue Träume und daraus konkrete Schritte.

26.12.2023, Andreas Räber, GPI®-Coach, Wetzikon