Umgang mit zwischenmenschlichen Wechselwirkungen
Die Stimmung im Team: Da ist etwas Unausgesprochenes, Untergründiges. Das Schwierigste: es ist unsichtbar. Es ist wie der Wind, den wir nicht direkt sehen, wohl jedoch seine Auswirkungen. Wo die Chemie nicht stimmt und Spannungen nicht angesprochen und geklärt werden, geht viel Kraft verloren, die wir eigentlich für unseren Berufsalltag brauchen. Zwischenmenschliche Wechselwirkungen, das Thema in diesem Coachingtipp.
Was passiert, wenn in einem Team Spannungen herrschen? Die einen spüren sie schneller und besser, andere können darüber hinweggehen. Da wir alle verschiedene Persönlichkeiten haben, reagiert auch jeder anders.
- Führungsverantwortliche, sogenannte Macher, werden am besten mit Spannungen umgehen können.
- Beziehungsmenschen hingegen können unter Dauerstrom stehen.
- Freiheitsmenschen, werden sich distanzieren und noch mehr ihre eigenen Wege gehen.
- und strukturierte Menschen werden stärker auf die Erfüllung genauer Vorgaben pochen.
Spannungen im Team können allerlei Ängste verstärken. In zwischenmenschlichen Beziehungen spielen sich immer Wechselwirkungen ab.
Stärken und Eigenheiten führen zu Wechselwirkungen
- Mitarbeiter A fliegt mit 200 Sachen durchs Leben. Seine Strategie ist, das Unmögliche zu erreichen. Überall dort, wo es überdurchschnittliche Leistungen braucht, fühlt er sich daheim. Allerdings nur so lange, wie es ihn «wirklich braucht». Wird er nicht mehr gefordert, sucht er sich eben etwas Neues.
- Mitarbeiterin B sind Beziehungen sehr wichtig. Sie tut alles, um die Harmonie im Team zu unterstützen. Sie geht so weit, dass sie dabei ihre eigenen Bedürfnisse vernachlässigt. Sie gibt, um zu bekommen und lebt so im Dauerfrust, weil diese Strategie selten aufgeht.
- Mitarbeiter C tut auch viel. Einfach auf seine Art und dann, wann er will. Er hat eigene Lösungswege und erwartet von den anderen, dass sie sich selbst informieren. C darf man keine Aufträge erteilen. Diese werden besser als Fragen wie «Was denkst du, sollte man da nicht noch ...?» gestellt.
- Bleibt noch D. Wird etwas aus Ihrer Sicht nicht korrekt gelöst, dann spricht sie dies an. Genau wie alle andern kann auch sie zur Übertreibung neigen. Die verbleibenden 20 Prozent des Pareto-Prinzips sind ihr nicht egal. Deshalb verliert sie oft viel Zeit mit Details.
Manchmal verlassen wir gerne den normalen Bereich und versuchen, mit übertriebener Argumentation zu arbeiten.
In unserem Beispiel-Team gibt es viele Meinungsverschiedenheiten. Kein Wunder, es hat ja jeder seine Stärken und Eigenheiten. Weil sich jeder im Recht fühlt, dreht sich die entsprechenden Diskussionen genau darum: Ums Rechthaben. Genau diese Strategie hat das Potenzial, ins Unermessliche zu gehen.
Man vergisst dabei, dass jeder/jede aus seiner/ihrer Sicht ja recht hat und haben darf.
Doch wenn es nur ums Gewinnen geht, verlieren letztendlich alle.
Bedürfnisse erkennen
«Der Mensch ist ein zielorientiertes Wesen.» Dieses Zitat stammt aus der Individualpsychologie. Es geht darum, hinter einer Denkweise oder Handlung das eigentliche Bedürfnis und Ziel zu erkennen.
Welchen Nutzen haben wir davon, wenn wir dies oder das tun?
Das Verrückte ist, wenn wir in Stress geraten, nimmt unsere Flexibilität ab.
Dabei wären Flexibilität und Offenheit, die abbildende und beschreibende Stellungnahmen ermöglichen, sehr wichtig. Es geht also ums Aussprechen der eigenen Wahrnehmung und ums Hören, was der oder die andere zu sagen hat.
Letztendlich sind unsere Wahrnehmungen immer unsere gefühlte Wahrheit. Decken sich Aussagen oder ein mögliches Vorgehen nicht mit unseren inneren Vorstellungen, bzw. Schablonen, nimmt der Stresspegel je nach Persönlichkeit rasant zu.
Stressfaktoren im Berufsalltag reduzieren
Etwas offen ansprechen zu können, klingt zu sehr nach heiler Welt. Wann, bitte sehr, soll zum Beispiel in der Hektik des Alltags, die ja im Gesundheitswesen besonders hoch ist, die Zeit für solche offene Aussprachen stattfinden?
Das Problem ist: Ohne Aussprache von zwischenmenschlichen Wechselwirkungen potenziert sich unsere Gedankenwelt und dementsprechend auch unsere Wahrnehmung und unser Handeln.
Stress und Spannungen sind ein Kommunikationskiller, der uns abstumpft und unsere Wahrnehmung einschränkt. Fallen wir dazu noch in die Opferrolle, landen wir in der berüchtigten Spirale von «immer mehr, immer tiefer».
«Wir können den Wind nicht ändern, aber die Segel anders setzen.» lautet ein bekanntes Zitat von Aristoteles. Es ist wichtig, die Möglichkeiten zu erkennen und zu nutzen. Offener Austausch muss schrittweise eingeübt und vielleicht sogar professionell begleitet werden.
Es mag sein, dass Offenheit schwierige Feedbacks zur Folge hat. Regeln, zum Beispiel immer auch zu erwähnen, was andere gut machen, kann innere Blockaden lösen. Manchmal verlieren Spannungsfelder damit bereits etwas von ihrer Wirkung.