Die Ausbildungsoffensive im Gesundheitswesen

Ende 2021 hat das Schweizer Stimmvolk die Pflegeinitiative angenommen. Jetzt, gut zwei Jahre später, hat der Zürcher Regierungsrat bekannt gemacht, wie diese umgesetzt wird. Angesagt ist in einem ersten Schritt die Ausbildungsoffensive.

"Wenn Sie es ernst meinen mit Ihrer Mitarbeit in der Wohlfahrt", fuhr Dr. Fitzpatrick fort, "dann werden Sie als Lehrerin dringend gebraucht. Den Frauen hier hilft nicht nur heisse Suppe. Um ehrlich zu sein, hilft diese am allerwenigsten. Bildung ist das, was die Frauen, die hier Hilfe suchen, am dringendsten brauchen. " Dieses Zitat stammt aus dem Buch "Die Hafenärztin" von Henrike Engel .

Diese Geschichte spielt Anfang 20. Jahrhundert. Die Protagonistin, Dr. Anne Fitzpatrick, will der Armut von Frauen im damaligen Hamburg entgegentreten. Und Armut hat oft einen Zusammenhang mit Bildung. Damals wie heute.

Und was ist mit der gegenwärtigen "Armut" im Gesundheitswesen?

Ist, Soll und die Realität

Über die heutige Situation im Gesundheitswesen wird in den Medien viel geschrieben. Tatsache ist, dass sehr viel Negatives berichtet wurde. An dieser Stelle muss einmal mehr erwähnt werden, dass Negatives mehr Anziehungskraft hat als Positives und dass es unsere Neugier stärker weckt. Kein Wunder, dass der eine oder andere Bericht bei näherem Hinsehen auch noch andere erwähnenswerte Gesichtspunkte hätte.

Es gehört zu uns Menschen, dass, wenn uns Informationen fehlen, wir unser bestehendes und damit beschränktes Wissen nehmen, um eine Situation zu beurteilen.

Erinnert uns eine Situation oder ein Gesicht dann noch an eine frühere schwierige Begegnung, sind Vor- und Urteil gesetzt. Dieser Umgang mit Informationen und Gefühlen prägt unser individuelles Wahrheitsgefühl, begleitet vom "Wissen", dass wir mit unseren Einschätzungen "richtig" liegen.

Um das Ist, das Soll und die Wirklichkeit zu erkennen und zu verstehen, braucht es Wissen und Bildung. Andauernd negative Beurteilungen über Situationen, vielleicht sogar aus zweiter Hand, schaden viel mehr als sie nützen.

Das Gesundheitswesen hat mehr als einmal bewiesen, dass dort, wo Mitarbeiterführung umsichtig wahrgenommen wird, eine andere Atmosphäre entsteht.

Heisst: Wir müssen unsere Vor- und Urteile reflektieren. Dies können wir durch Information oder Ausbildung. Um letztere geht es in der Ausbildungsinitiative.

Angebot durch Ausbildung erhöhen

Im Kanton Zürich fehlt bis 2030 zirka ein Viertel des benötigten Personals.

Das hat mit begangenen Fehlern, einer dramatisierenden Berichterstattung, einer fehlgeleiteten Gesundheitspolitik und was wir daraus machen zu tun. Leider erzählen wir Menschen oft lieber das Negative weiter, weil wir glauben, auf diese Weise besser gehört zu werden oder mehr dazuzugehören.

Also braucht es fachkompetente und verständliche Informationen und Bildung. Neu erhalten Gesundheitsbetriebe zum Beispiel einen zusätzlichen Beitrag an ihre Ausbildungsleistungen für künftige Pflegefachpersonen von je mindestens 300 Franken pro Praktikumswoche. So soll die Qualität der praktischen Ausbildung verbessert werden. Auch soll die Betreuungszeit für die Studierenden deutlich erhöht werden.

Bessere Ausbildungsleistungen und mehr Betreuung fördern ein positives Erleben. Der richtige Weg!

Andere Voraussetzungen schaffen

Die Umsetzung der Pflegeinitiative soll in zwei Etappen erfolgen, die erste Etappe fördert unter anderem die Ausbildung von Pflegefachkräften auf Tertiärstufe.

Ausbildung ist das eine. Der Blick auf die Feedbacks von Pflegefachkräften in Umfragen zeigt, dass die Arbeitsbedingungen in den Gesundheitsbetrieben sehr oft kritisiert werden. Allem voran die Schichtarbeit.

Das menschliche Leben besteht nicht nur aus Beruf, sondern auch aus dem nötigen Ausgleich. Wird letzteres durch ersteres zu stark tangiert, treffen wir oder unser Körper früher oder später eine Entscheidung.

Darum steht im Fokus der zweiten Etappe der Umsetzung von der Pflegeinitiative auch die Verbesserung der Arbeitsbedingungen. Ähnlich wie bei der Bildung bieten sich mit Verbesserungen auch Chancen, wieder eine stärkere Anziehungskraft für medizinische Berufe zu erreichen.

Unser Denken, unsere Beurteilungszentrale

Information und Bildung sind das, was wir dringend brauchen - auch im 21. Jahrhundert.

Bildung hilft uns in hektischen Situationen, richtig zu urteilen und rasch zu handeln.

Im Buch "Authentisch führen mit Charakter" schreiben die beiden Autoren Martin Salzwedel und Ulf Tödter, dass, wenn jemand misstraut, er sicher sein kann, dass er gerade das fördert, was er nicht will. So ist es auch mit unserer Beurteilung von Herausforderungen. Geht es uns gut, sind wir positiver. Wir bestimmen in einem grossen Masse, welche Chancen wir Menschen oder Voraussetzungen geben.

Manche Dinge brauchen, um wieder wachsen zu können, ein Delete des bisherigen und einen Vertrauensvorschuss für das Bevorstehende.

Durch Vertrauen kann ein Team wachsen und können Herausforderungen gemeistert werden. Damit unser Gesundheitswesen wieder heilen kann.

14.5.2024, Andreas Räber, GPI®-Coach, Wetzikon