Gesundheitswesen Schweiz. Perspektiven. Möglichkeiten!?
Die Branchen-Prognosen im Deloitte Life Sciences & Health Care Predictions 2025-Bericht zeigen Perspektiven und Möglichkeiten auf, wohin sich das Gesundheitswesen entwickeln kann. Wenig überraschend sind darin Bereiche wie Datenerfassung, Künstliche Intelligenz, Vorsorge und Patienten im Fokus. Es gibt viel zu tun, die Frage ist nur, was, wann, wer und wie viel.
Umbruch. Veränderung. Transformation. Das sind Attribute nicht nur unserer Gesellschaft oder der aktuellen Situation weltweit. Auch unser Gesundheitswesen ist davon betroffen. Und seit der Corona-Pandemie noch viel mehr. Letztere hat einige Schwachstellen (nicht nur) unseres Gesundheitssystems deutlich aufgezeigt.
Was muss unser Schweizer Gesundheitswesen eigentlich erfüllen?
Auftrag und Ziele: Selbstdefinition des Bundesamtes für Gesundheit(BAG)
Auftrag
"Wir setzen uns kompetent für die Gesundheit ein, fördern eine gesunde Lebensweise und sorgen dafür, dass es den Menschen in unserem Land gut geht. Wir sind verantwortlich dafür, dass unser Gesundheitssystem leistungsfähig und bezahlbar bleibt." So die Selbstdefinition des BAG.
Darin inbegriffen sind:
- die soziale Kranken- und Unfallversicherung,
- die Vorschriften für Chemikalien und Heilmittel,
- die Gesetzgebungen in den Bereichen biologische Sicherheit, Forschung am Menschen und Transplantationsmedizin,
- die Gesundheitsförderung,
- die nationalen Programme zur Bekämpfung von Suchtverhalten und sexuell übertragbaren Krankheiten,
- der Strahlenschutz,
- die Regelung der universitären Medizinal- und Gesundheitsberufe und
- die Vertretung der gesundheitspolitischen Interessen der Schweiz in internationalen Organisationen und gegenüber anderen Staaten.
Ziele
Als Ziel definiert das BAG, dass die BewohnerInnen der Schweiz mit ihrer Gesundheit kompetent und verantwortungsbewusst umgehen können und dass das bestehende Gesundheitssystem qualitativ hochstehend, finanzierbar und zugänglich ist.
H3 Herausforderungen
Gesellschaft verändert sich laufend. Aus Veränderungen entstehen nicht nur neue und spannende Perspektiven, sondern auch Herausforderungen.
- Die Zahl der älteren und chronisch kranken Menschen sowie der nicht übertragbaren Krankheiten nimmt zu.
- Es fehlt an qualifiziertem Fachpersonal.
- Die demographische Entwicklung und der medizinisch-technische Fortschritt erhöhen die Kosten.
- Das Gesundheitswesen ist zu wenig transparent.
- Bei der Digitalisierung besteht ein grosser Aufholbedarf.
Der Bundesrat will diese Herausforderungen mit der Strategie Gesundheit2020 mit 36 Massnahmen angehen. Dadurch will er die Lebensqualität der Menschen in unserem Land verbessern, die Chancengleichheit erhöhen sowie die Transparenz und Versorgungsqualität optimieren. " Gesundheit2030" baut auf diesen Massnahmen auf. (Quelle bag.admin.ch)
Das klingt schon mal gut. Jeder von uns hat seine Erfahrungen mit unserer Gesundheitsversorgung gemacht.
Covid hat den Startschuss für neue Denkprozesse und Bedürfnisse gegeben.
Was Covid ausgelöst hat
Die Deloitte-Studie " Life Sciences & Health Care Predictions 2025" zeigt auf, dass durch die COVID-19-Pandemie die Digitalisierung im Gesundheitswesen stark beschleunigt wurde.
Not fördert Innovation, wenn wir uns darauf einlassen.
Durch die Pandemie wurden zum Beispiel neue medizinische Methoden gefördert. Auch im Bereich Organisation haben sich Veränderungen ergeben. So ist eine vermehrte Umstellung auf Telemedizin erfolgt.
Für das Jahr 2025 hat die Deloitte-Studie zehn wegweisende Prognosen abgeleitet. Die Ergebnisse dieses Reports haben auch für die Schweiz hohe Relevanz, insbesondere im Hinblick auf fünf ausgewählte Bereiche. Diese Bereiche von deloitte.com sind nachfolgend aufgeführt und mit aktuellen Beispielen durch hospital-jobs.ch ergänzt.
1. Paradigmenwechsel in der Medizin
- Personaleinsatz-Planung einfach und flexibel organisiert:Die individuell anpassbare Personal-Einsatzplanung-Webapplikation hospital-poolist in enger Zusammenarbeit mit der Hirslanden Klinik Aarau und dem Luzerner Kantonsspital agil entwickelt worden. Zahlreiche Vorteile machen komplexe Planung mit hospital-pool.ch für alle Gesundheitseinrichtungen schnell, einfach und übersichtlich.
- Gesundheitserfahrungen teilen:Digitalisierung bedeutet nebst Informationsbeschaffung auch das Teilen von Erfahrungen. Ein Beispiel ist die Online-Patientengemeinschaft PatientsLikeMe. Über 800'000 Mitglieder halten darauf ihre persönlichen Gesundheitserfahrungen fest. Dank einer intelligenten Datenauswertung erfahren sie, wie andere Betroffene mit demselben Leiden umgehen.
- Digital durch Behandlungen begleitet werden:Das Portal "Mein Luks" ist das Patientenportal der Spitäler der Luks-Gruppe. Hier werden PatientInnen durch ihre Behandlungen begleitet. Alle Behandlungsberichte wie auch Medikamente, die PatientInnen aktuell einnehmen, sind einsehbar. Zugriff von überall her. Auch bisherige und aktuelle Termine sind aufgeführt.
2. Patienten-zentriertes Gesundheitswesen: Neue Formen der Versorgung
- Spitalaktivitäten in Echtzeit erfassen und auswerten: Mit der digitalen Kommandozentrale Bradford Teaching Hospitals NHS Foundation Trust (BTH) werden Aktivitäten im Spital in Echtzeit überwacht. Eine "Wall of Analytics" verarbeitet Daten aus Quellen wie den Krankenakten oder Patientensensoren. Die Erkenntnisse verbessern klinische, betriebliche und finanzielle Entscheidungen.
- Spitalaufenthalte reduzieren, Kliniken entlasten:Eine Fernüberwachung der Vitalfunktionen könnte beispielsweise Corona-Patienten vor einem Spitalaufenthalt bewahren und somit auch die Kliniken entlasten. Das Unispital Luigi Sacco in Mailand experimentiert bereits mit der Fernüberwachung der Vitalfunktionen. Die gemessenen Daten werden in Echtzeit via Bluetooth über eine auf dem Patienten-Smartphone installierte mobile App an ein zentrales System übertragen, auf welches auch das Pflegepersonal zugreifen kann.
3. Mehrwert in der Gesundheitsversorgung: Vernetzte MedTech-Geräte
- Werteorientierte Gesundheitsversorgung: Das Unispital Basel befasst sich mit Value Based Healthcare (VBHC). VBHC ist eine werteorientierte Gesundheitsversorgung. Sie sucht den optimalen Kompromiss zwischen subjektivem und objektivem Nutzen für den einzelnen Patienten. In einem Pilotprojekt (in Zusammenarbeit mit Groupe Mutuel und dem Hôpital de La Tour) werden neue Tarifmodelle für zwei Arten von Behandlungen entwickelt: dem Hüftgelenkersatz sowie der Behandlung des lokalisierten, nicht metastasierten Prostatakarzinoms.
- PatientInnen können ihr Wohlbefinden in Eigenregie steigern: Die Plattform Minddistrict bietet fortschrittliche e-Mental-Health-Anwendungen an. Experten haben wissenschaftlich fundierte Module entwickelt, mit denen Patienten in Eigenregie ihr Wohlbefinden steigern können.
4. Die medizinische Lieferkette der nächsten Generation: Das Digital Health Care Supply Network
- Automatisierte Nachfrage-Prognosen: Auf der Grundlage von maschinellem Lernen (ML) wird die Effizienz der Lieferkette verbessert, was bei 75 Prozent der erfassbaren Produkte eine
nachweisbare Optimierung bewirkt. Das Projekt wurde vom deutschen Life-Sciences-Unternehmen Merck KGaA aufgebaut.
- Gefälschte Medikamente aufspüren. Mit einem Spektrometer
werden in einem nicht-destruktiven Test Wirkstoffsignaturen
geprüft und mit einer Datenbank abgeglichen. Mit dem neuesten
Gerät dauert dieser Vorgang 20 Sekunden und hat eine Genauigkeit
von 99,9 Prozent. Die Plattform ist KI-basiert und wurde vom
US-Unternehmen RxAll entwickelt.
5. Partnerschafts-Cluster und Kollaborationen: Gemeinsam mehr erreichen
- Telemedizin, virtuelle Konsultation: Der Vodafone-Konzern betreibt in Kooperation mit der Universitätsklinik Düsseldorf einen 5G-Campus. Technologien wie 5G, Mobile Private Network (MPN) und Multiaccess Edge Computing (MEC) ermöglichen Anwendungen wie Telemedizin oder virtuelle Expertenkonsultationen mit 3D-Visualisierungen.
Was unser Gesundheitswesen sonst noch braucht
Digitale Produkte und Künstliche Intelligenz:
Wenn Not vorhanden ist und sich neue Möglichkeiten auftun, ist die Hoffnung gross!
Hoffnung auf
- einen schnelleren Zugriff auf relevante Daten,
- eine schnellere und treffsichere Diagnose von Krankheiten,
- mehr Machbarkeit im Berufsalltag des Gesundheitswesens, sprich eine Entschärfung des Fachkräftemangels und
- mehr Daten, um Krankheiten besser heilen zu können.
Die Liste kann beliebig verlängert werden.
Dazu müssen nebst den medizinischen auch die digitalen Fähigkeiten des Gesundheitspersonals geschult werden. Oder es werden neue Berufsbilder geschaffen, die Pflege und Medizin fachlich unterstützen. Neue Organisationen, andere Strukturen, etc.
Der Turnaround im Gesundheitswesen darf kein Stückwerk sein. Er muss von allen direkt Beteiligten, von der Politik, dem Gesundheitswesen selbst und der Gesellschaft verstanden und mitgetragen werden.
Aus tiefster Überzeugung!
11.11.2024, Andreas Räber, Enneagramm Trainer Cp, Wetzikon