Arbeiten in der Schweiz und die Akzeptanz von ausländischen Zertifikaten

Um den Betrieb in einer Gesundheitseinrichtung aufrecht zu erhalten, braucht es entsprechendes Fachpersonal. Ausbildung, Weiterbildung, Personalhaltungsmassnahmen und Hunting sind darum wichtige Massnahmen für HR und Personalrekrutierung. Und wenn sich trotzdem kein Personal findet, muss das Potenzial erhöht, sprich im Ausland rekrutiert werden. Die Schweiz bildet etwa 60 % der benötigten Fachkräfte aus, den Rest engagiert sie aus dem Ausland. Für ausländische Anstellungen gibt es einige Punkte zu beachten.

Was können Gesundheitsbetriebe tun, damit sie genügend Fachpersonal rekrutieren können? Während früher die Ausschreibung in bewährten Stellenanzeige-Portalen erfolgreich war, braucht es heute ergänzende Massnahmen. Das sind zum Beispiel:

  • die Reputation des Betriebes aktiv fördern
  • Weiterentwicklungsmöglichkeiten anbieten
  • Personalhaltungsmassnahmen wie flexible Arbeitszeit
  • Kinderkrippen
  • u. v. m.

Doch manchmal reicht dies nicht aus. Wer eine Lehre im Gesundheitswesen abgeschlossen hat, steigt anschliessend wegen der Schichtarbeit oft gar nicht in den Beruf ein, sondern orientiert sich neu. Anders.

Also suchen Arbeitgeber zwangsläufig Fachkräfte aus dem nahegelegenen Ausland. Dabei müssen verschiedene Bedingungen erfüllt, bzw. abgeklärt werden.


Gesetzliche Bedingungen für Mitarbeitende aus dem Ausland

Es gibt bestimmte Voraussetzungen, um in der Schweiz arbeiten zu können:

  • Berufsanerkennung
  • Aufenthaltsgenehmigung
  • Versicherungen

Berufsanerkennung

Wenn ein Diplom im Ausland erlangt wurde, muss abgeklärt werden, ob eine offizielle Diplomanerkennung benötigt wird. Zuständig dafür ist die Diplom-Anerkennungsstelle sbfi.admin.ch. Ärztinnen und Ärzte benötigten zudem eine kantonale Berufsausübungsbewilligung (Gesundheitsamt/Kantonsarzt). Diese ist per Vertragsbeginn erforderlich.

Aufenthaltsgenehmigung

Wenn man länger als 3 Monate in der Schweiz arbeiten will, braucht es eine Aufenthaltsbewilligung, die bei der zuständigen Gemeinde beantragt werden kann. Es gibt drei relevante Bewilligungen:

  • L-Bewilligung (ein Jahr in der Schweiz wohnen und arbeiten)
  • B-Bewilligung (Dauer 5 Jahre)
  • C-Bewilligung (unbeschränkter Aufenthalt, Bedingung je nach Kanton vorher 5 bis 10 Jahre wohnhaft in der Schweiz. Steuerstatus ändert sich)

Versicherungen

Berufsunfallversicherungen sind durch den Arbeitgeber abgedeckt, Krankenversicherungen müssen durch die Mitarbeitenden selbst abgeschlossen werden.

Reglementierte Berufe

Will man in der der Schweiz einen reglementierten Beruf ausüben, muss das Diplom anerkannt werden. Reglementiert heisst: «Wenn die Ausübung der beruflichen Tätigkeit in der Schweiz durch Rechts- oder Verwaltungsvorschriften an den Besitz bestimmter Berufsqualifikationen gebunden ist.» (Quelle: redcross.ch )

Ist der Beruf nicht reglementiert, ist keine Anerkennung erforderlich und man kann mit dem ausländischen Abschluss in der Schweiz tätig werden.

Kultur pur, Beispiel Schweiz - Deutschland

Soweit die «einfachen» Rahmenbedingungen, das Gesetzliche, das Eindeutige. Nicht eindeutig und oft nicht bewusst sind die kulturellen Unterschiede. Zum Beispiel zwischen der Schweiz und Deutschland. Beide sind deutschsprachig, in vielem ähnlich und doch auch sehr verschieden.

Schweizer tauschen gerne Höflichkeiten aus, bedanken sich regelmässig und benutzen in der Kommunikation öfter die Möglichkeitsform als ihre deutschen Nachbarn. Small Talk ist wichtig und auch, interessiert Fragen zu stellen. Der Titel hingegen ist in der Schweiz weniger wichtig. Das Kommunikationstempo in der Schweiz ist etwas bedächtiger. Umgekehrt fühlen wir uns von Deutschen mit ihrer Direktheit nicht selten etwas überrumpelt. Und Schweizern ins Wort zu fallen, das geht gar nicht.

Man bedenke: Kulturelle Unterschiede sind auch innerschweizerisch keine Seltenheit. Jeder Kanton, jede Region, jedes Tal, ja jedes Dorf hat so seine Eigenheiten. Darum braucht es eine gewisse Anpassungszeit und regen Austausch, wer was wie verstanden hat. Das mag vielleicht etwas mühsam sein, doch für die Teamentwicklung ist es absolut lohnenswert.

Der Fokus liegt in der Zukunft ? und in der Vergangenheit

Mitarbeitende aus dem nahen Ausland zu rekrutieren, sollte nur eine Möglichkeit von vielen sein, hauptsächlich für aktuelle vakante Stellen. Dies, da die Heimat immer wieder eine sehr grosse Anziehungskraft haben kann und auch die Politik in den Nachbarländern ein Interesse daran hat, Gesundheitspersonal zurückzuholen.

Der Schwerpunkt muss also beim bestehenden Personal und dem Nachwuchs sein ? und unbedingt auch dabei, Abgänger zurückzuholen.

Vielleicht braucht es nicht nur neues Fachpersonal, sondern auch neue Ideen. Zum Beispiel, den Pflegeberuf wieder Pflegeberuf werden lassen und Zahlen oder Administration mit einer unterstützenden, praxisorientierten Digitalisierung auffangen.

Damit «back to the roots» gelingt.

Damit Menschen wieder mit Menschen zu tun haben. Das ist wohl einer der grössten Hebel für die Personalrekrutierung!

16.6.2023, Andreas Räber, GPI®-Coach, Wetzikon