Fachkräftemangel begegnen

Jetzt sind die Monate, in denen uns eine Grippe lahmlegen und ein Arbeiten verunmöglichen kann. Neu dazu kommt die weltweit ausserordentliche Herausforderung einer Corona-Virus-Pandemie, welche unser gesamtes Gesundheitswesen enorm herausfordert.

Dass Berufe im Gesundheitswesen höchste Anforderungen an die Mitarbeiter aller Hierarchiestufen stellen, ist bekannt. Mit der demografischen Entwicklung nehmen diese noch weiter zu. Herausforderungen, die uns schon heute beschäftigen müssen. Ein paar Beispiele:

  • Pflege-Beruf.ch berichtet, dass bis ins Jahr 2030 zirka 44'000 Pflegende in Pension gehen werden. Es folgt zu wenig Nachwuchs.
  • Pensionierte Fachkräfte müssen durch neu ausgebildeten Nachwuchs oder ausländische Fachkräfte ersetzt werden.
  • Gleichzeitig steigt der Bedarf an Pflegenden. Einerseits aus demografischen Gründen (z. B. durch Polymorbidität in höherem Alter), andererseits durch die modernen medizinischen Möglichkeiten.
  • Patienten informieren sich unter anderem im Internet. Für Spitäler und Pflegeheime bedeutet dies, Behandlungspfade stärker am Patienten zu orientieren und sich auf neue Patientenbedürfnisse einzustellen (Quelle: Medinside.ch).
  • Eine grosse Herausforderung ist die Verweildauer im Beruf. Die Fluktuationsrate ist hoch. Und die Anzahl offener Stellen fördert sie noch zusätzlich.
  • Nebst dem Pflegeaufwand müssen zahlreiche Daten digital erfasst werden. Ziel ist, die Kosten im Griff zu behalten und Daten für eine allfällige spätere Behandlung schneller griffbereit zu haben. Die für den Heilungsprozess ebenso wichtige Zeit für den Patienten bleibt oft auf der Strecke.
«Das Pflegepersonal möchte aber die Lebensqualität der Kunden verbessern, nicht möglichst viele Stunden abrechnen.»
(So Jos de Blok, Gründer der Pflegeorganisation Buurtzorg, im Artikel «Wie 15'000 Angestellte ohne Chefs funktionieren» im Tagesanzeiger vom 10.3.2020)

Was kann man gegen den Fachkräftemangel tun?

Mit spezifischer Software können Prozesse wie die Personalplanung einfacher gehandhabt werden (siehe hospital-pool.ch). Eine weitere Möglichkeit sind interprofessionelle Arbeitsmodelle (Auflösung klassischer Hierarchien zwischen den Gesundheitsberufen und Verringerung von Schnittstellen). Interprofessionelle Teams können eine kompetenzbasierte Pflege und Behandlung besser realisieren. Folge: Ressourcen können gespart und die Patientenzufriedenheit kann gesteigert werden. Beispiel: Bis anhin ärztliche Aufgaben und Kompetenzen werden an Pflegepersonal oder Apotheker delegiert.

Im Artikel «Demografischer Wandel verschärft Fachkräftemangel» (dievolkswirtschaft.ch - 23.4.2019) führen die Autoren Conny Wunsch und Manuel Buchmann verschiedene Lösungsansätze auf. Nebst der Erhöhung der Ausbildungsplätze und des Ausbildungsvolumens sollen interne Kandidaten im Nachdiplomstudium Pflege gefördert werden. Die Arbeitgeberleistungen müssen verbessert werden, um die Fluktuation zu senken. Ein weiterer wichtiger Punkt ist eine breite Altersdurchmischung, um einen grossflächigen Fachkräftemangel zu verhindern. Es braucht eine Veränderung in vielen verschiedenen Handlungsfeldern.

Buurtzorg: Es geht auch anders!

Jos de Blok, Gründer der holländischen Pflegeorganisation Buurtzorg, erkannte, dass der Administrationsaufwand immer mehr wächst und dies auf Kosten der Pflegenden. Pflegerinnen und Pfleger kündigten aus Frust ihren Job.

«Wir wollen nicht wie Kinder behandelt werden. Wir erziehen Kinder, organisieren einen Haushalt, tragen in Ehrenämtern Verantwortung. Aber im Job wurde bis jetzt von uns erwartet, dass wir das Hirn ausschalten und Aufgaben abarbeiten, die uns ein Manager vorgibt.» Dies ein Feedback von Frauen, die bei Buurtzorg angestellt sind.

Mit Buurtzorg schaffte de Blok wieder eine andere Umgebung. Kleine Teams von maximal zwölf Pflegenden, die sich selbst organisieren, mit Gestaltungsfreiraum und Entlastung von administrativen Pflichten. Ob man es 1:1 für die Schweiz übernehmen kann? Vielleicht. Vielleicht auch nicht. Hinsehen und reflektieren lohnt sich bestimmt.

Den sehr lesenswerten Artikel «Wie 15'000 Angestellte ohne Chefs funktionieren» finden Sie auf Tagesanzeiger.ch

13.3.2020, Andreas Räber, GPI®-Coach, Wetzikon