Innere Kündigung: Wie sie entsteht und verhindert werden kann

Prävention ist in vielen Situationen etwas vom Wichtigsten. Denn vorausschauend kann man frühzeitig reagieren und im besten Fall Krisen verhindern. Kündigungen bahnen meist lange vor der eigentlichen Handlung an. Sie beginnen in Gedanken. Schleichend. Vielleicht sogar unbewusst. Das muss nicht sein! Auch im Gesundheitswesen nicht.

«Achte auf Deine Gedanken, denn sie werden zu Worten. Achte auf Deine Worte, denn sie werden zu Handlungen. Achte auf Deine Gewohnheiten, denn sie werden Dein Charakter. Achte auf Deinen Charakter, denn er wird Dein Schicksal.»

Aus dem Talmud

Eine innere Kündigung fängt ganz klein an.

  • Plötzlich ist der Blick anders. Statt Möglichkeiten zu suchen und zu sehen, liegt der Fokus auf «unüberwindbaren Herausforderungen».
  • Alle Massnahmen, alle Veränderungen werden zu viel.
  • «Reduce to the max» in Sachen Überzeit und Einsatz.
  • Motivation ist sichtbar, Demotivation auch.
  • Fertig Selbstreflexion. Immer mehr sind alle anderen schuld.
  • Warum Ideen einbringen? Es klappt ja sowieso nichts (mehr) in diesem Unternehmen.
  • Rückzug, nicht mehr auffallen und sich in die eigene Denkwelt begeben, wo man gehört wird.

Obige Gründe für den leisen Start einer inneren Kündigung mögen etwas überspitzt sein. Doch wer kennt diese Gefühle nicht wenigstens teilweise? Hinter dieser inneren Kündigung steht nicht zwingend eine böse Absicht. Meistens fühlen sich Mitarbeitende einfach nicht richtig gehört. Hier gilt es, Signale wahrzunehmen. Anfänge zu erkennen und offene Gespräche zu führen.

Auf eine Aktion folgen Reaktionen

Motivierte Mitarbeitende arbeiten gerne länger, wenn die Zeit überschaubar ist und sie ein Mitspracherecht haben. Auch Neuerungen gegenüber sind sie offen, wenn

  • diese umsetzbar und zumutbar sind,
  • den normalen Betrieb nicht zu stark beeinflussen,
  • nicht einfach über Mitarbeitende bestimmt wird und
  • wichtige, aus ihrer Sicht relevante Einwände gehört werden.
Andersherum ausgedrückt würde das heissen: Wenn wir Menschen demotivieren wollen, müssen wir sie übergehen, ihre Ideen einfach abtun und sie damit als unmündig erklären.

Die Liste könnte noch weitergeführt werden. Doch wir wollen nicht beim Negativen bleiben. Schliesslich sind Leben und Berufsalltag zu einem gewissen Teil gestaltbar. Und etwas bewusst zu gestalten ist immer besser.

Team gewinnt immer

Gemeinsam diskutieren, nach Lösungen suchen, austauschen, auch mal feiern. Teamgeist leben. Ideen sammeln. Welche können heute, welche morgen, welche später umgesetzt werden. Jede Idee ist wertvoll. Vielleicht hat jemand ergänzende Hinweise. So wie wir uns im Sport zuerst aufwärmen müssen, muss es auch unser Hirn tun. Plötzlich sprudeln die Ideen. Im Team dabei sein. Tragen und getragen sein. Ein Grundbedürfnis des Menschen.

Von der inneren Kündigung zur anziehenden Motivation

Alfred Adler, der Begründer der Individualpsychologie, betonte stets, dass Menschen an der Gemeinschaft teilnehmen und mitgestalten wollen.

Wer anders als Mitarbeitende wissen am besten, wo beispielsweise Schwachstellen im Arbeitsablauf sind.

Sie bewegen sich ja andauernd darin. Nichts ist destruktiver, als wenn Entscheide ohne Rücksprache mit Betroffenen gefällt werden. Es geht, besonders im Gesundheitswesen, nicht um persönliche Profilierung sondern darum, die beste Basis zu schaffen, um Menschenleben zu retten oder Gesundheit zu fördern.

Innere Kündigungen können am ehesten verhindert werden, wenn Führungskräfte ein offenes Ohr für ihre Mitarbeitenden haben und die Befindlichkeit des/der Teams konsequent den entsprechenden Stellen kommunizieren.

14.3.2023, Andreas Räber, GPI®-Coach, Wetzikon