Von der Kraft eines motivierten Teams

Das Corona-Virus bringt uns nicht nur Krankheit und Vergänglichkeit näher. Es stellt auch eine Berufsgruppe ins Rampenlicht, die in dieser Zeit Unglaubliches leistet: das gesamte Pflegepersonal im Gesundheitswesen.

Mit Applaus wurde dieser Einsatz von vielen Menschen gedankt. Es wurden Stimmen laut, dass die Kostendiskussion im Gesundheitswesen in Zukunft anders verlaufen müsse und forderten mehr Lohn für das Pflegepersonal. Und zudem eine bessere Lobby. Die WHO zollt den Pflegepersonen Respekt.

Oftmals fallen uns Dinge erst auf, wenn in der Praxis Schwierigkeiten auftauchen.

Das ist in jedem Beruf und oft auch im privaten Alltag so. Mitarbeiter im Pflegebereich leisten überdurchschnittliches - und jetzt wird dies wahrgenommen.

Innere Überzeugung im Team

Wer sich für Sport interessiert, hört im Zusammenhang mit Teamsport nicht selten von der mentalen Denkhaltung, die sich auch in der Körperhaltung zeigt. Man spürt einem Team an, ob es an einen Sieg glaubt oder nicht.

Manche Geschichten vergisst man nie. Eine davon begleitet mich schon länger. Gelesen habe ich Sie in einem Buch aus der Serie «Hühnersuppe für die Seele».

Ein Hotelmitarbeiter wurde eines Abends von bewaffneten Männern überfallen. Sie raubten den Tresor aus und verletzten den Mann so gravierend, dass die Ärzte ihm kaum mehr Überlebenschancen gaben.

Als ihn eine Krankenschwester vor der OP darauf ansprach, ob er noch einen Wunsch habe, sagte er: «Ja, operieren Sie mich nicht so, als ob ich schon gestorben wäre!»

Der Mann überlebte.

Hören und gehört werden

Im Buch «Humble Inquiry» schreibt der Autor, Edgar Schein, dass bei Unfällen, Flugzeugabstürzen, schwerwiegenden Zwischenfällen mit Atomreaktoren oder beispielsweise bei der Ölpest im Golf von Mexiko 2010 etc., es eine gemeinsame Erkenntnis gibt:

Niedere Angestellte besassen Informationen, die das Unglück verhindert oder dessen Folgen verringert hätten. Diese wurden jedoch entweder nicht an höhere Ebenen weitergeleitet oder sie wurden dort nicht berücksichtigt.

Ihre Erfahrungen mit dem Überbringen von schlechten Nachrichten bei ihren Vorgesetzten waren schwierig. Sie fühlten sich nicht gehört. Daraus schlossen sie, dass ihr Input auch diesmal nicht erwünscht und das drohende Unglück nicht abzuwenden wäre.

Persönlichkeit entwickeln

«Der Mensch wird erst am Du zum Ich» schloss Martin Buber, österreichisch-jüdischer Religionsphilosoph. Unsere Persönlichkeitsentwicklung geschieht vor allem im Umgang mit unserem Gegenüber. Das fordert Menschen aller Hierarchiestufen!

Geben und nehmen

Uns in eine Situation hineingeben können wir am besten, wenn unsere Grundbedürfnisse gestillt sind. Doch manchmal fehlt uns die Zeit, unseren «Brunnen» zu füllen. Die Corona-Pandemie hat das Personal im Gesundheitswesen an gewissen Orten weit über das normale Mass hinaus gefordert.

Wie konnte diese überragende Leistung erbracht werden? Die Geschichte lehrt uns, dass Menschen in solchen Herausforderungen über sich hinauswachsen können. Insbesondere, wenn ein Team gut funktioniert und gegenseitiger Respekt gelebt wird. So wächst eine innere Haltung, die überdurchschnittlich geben kann.

Persönliche Vorbehalte treten in den Hintergrund. Was zählt, ist das gemeinsame Ziel.

Aus solchem Erleben wächst eine Erfahrung, die alle Beteiligten nachhaltig stärkt.

17.4.2020, Andreas Räber, GPI®-Coach, Wetzikon