Die COVID-19-Pandemie als idealer Nährboden für Süchte
Ausnahmesituation! So können wir den Zustand auf der ganzen Welt in den letzten zwei Jahren benennen. COVID-19 trifft uns alle. Aber nicht alle gleich. Es ist eine Zeit der Daten- und Zahlenflut. Die Zeit von Social Distancing und nicht mehr wissen, was eigentlich wo jetzt gesetzlich gilt. Die Folgen von COVID-19 auf das Suchtverhalten und ein Denkansatz, wie Sucht frühzeitig verhindert werden kann.
Wie so oft, fokussieren wir uns auf alles Messbare. Das Unterschwellige, das Leise, nehmen wir nicht wahr. Menschen, die sich still und heimlich zurückziehen. In ihre eigene Welt. Und viel zu schnell wird daraus eine Suchtwelt! Sucht - der scheinbare Ausweg aus einer Hoffnungslosigkeit und der Einfluss von COVID-19.
Wie hat sich das Suchtverhalten während der COVID-19-Pandemie entwickelt?
«Krisen schaffen neue Suchtgruppen» berichtet das Schweizer Suchtpanorama 2021 von Sucht Schweiz. Menschen, die schon vorher Mühe hatten, den Konsum psychoaktiver Substanzen, Geldspiel oder Online-Aktivitäten zu kontrollieren, sind während der Krise stärker gefährdet. Ebenfalls gefährdet sind Mitarbeiterinnen, die unser einem hohen Druck stehen: Gesundheitspersonal, schwerkranke, Menschen, die wirtschaftliche Konsequenzen der Pandemie tragen müssen. Stress, Verunsicherung und schlechte Work-Life-Balance sind weitere Gründe, warum Suchtverhalten entsteht oder verstärkt wird.
Insbesondere in Krisenzeiten ist ein fundiertes und gut funktionierendes Sozialnetz sehr wichtig. Wer anfällig für Suchtverhalten ist, zieht sich zurück. In der zunehmenden Einsamkeit, verbunden mit Hoffnungslosigkeit, versprechen Drogen und Alkohol zumindest temporäre Erleichterung.
In der Schweiz sind rund 250'000 Menschen alkoholabhängig. Davon sterben rund 1550 jährlich an den Folgen der Sucht.
Werden nebst Alkohol und Tabak auch mehr Drogen konsumiert?
Mehrere Dutzend Jugendliche verstarben aufgrund von Medikamenten-Mischkonsum. Insbesondere unter Buben hat der Medikamentenkonsum zugenommen. Auch stark opioidhaltige Schmerzmittel steigen an. Gut 3 % der Schweizer Bevölkerung spielten schon vor der Pandemie exzessiv um Geld. Besonders 18- bis 29-Jährige sind betroffen. Sucht Schweiz geht davon aus, dass immer mehr Menschen dazukommen werden. Auch die Internetnutzung birgt Gefahren für ein Suchtverhalten. Rund 290'000 Personen in der Schweiz verlieren die Kontrolle über ihre Internetnutzung.
Suchtverhalten findet oft im Stillen statt. Scham und Versagensängste sind Gründe, warum nicht darüber gesprochen wird.
Am Ursprung ansetzen
«Unser Leben ist das Produkt unserer Gedanken.» Diese Aussage stammt vom römischen Philosophen und Kaiser von Rom, Mark Aurel.
Not entsteht vielfach in unserer Wahrnehmung und unserem Denken. Vielleicht fühlen wir uns überfordert oder es fehlen wichtige Erfolgserlebnisse. Dadurch wird eine negative Sichtweise verstärkt, was negatives Erleben nach sich zieht. Die Negativspirale nimmt ihren Lauf.
Viele Menschen haben aufgrund von COVID-19-Massnahmen aus dem Nichts ihren Job verloren. Schicksalsschlägen folgt oft Orientierungslosigkeit, die in der Einsamkeit noch schwieriger zu ertragen ist. Der Griff zu Suchtmitteln mag kurzfristig erlösend wirken, langfristig verschlimmert er nur.
Wer arbeitslos ist, wer alleine ist, hat viel Zeit zum Nachdenken. Es ist erwiesen, dass es uns Menschen besser geht, wenn wir uns beschäftigen, was uns «auf andere Gedanken bringt». Der Neurologe Dr. Beau Lotto beschreibt in seinem Buch «Anders sehen», wie er aufgrund von anhaltendem starkem Stress einen emotionalen und körperlichen Zusammenbruch erlebte. Folgen: Kopfschmerzen, das Gefühl von Taubheit und zahlreichen anderen neurologischen Symptomen. Nach monatelangen Untersuchungen kam er schliesslich zur Lösung. Er hat sich seine unterbewussten Erwartungen bewusst gemacht. Das hat geholfen, seine Ängste zu stoppen. Sorgen hat er ab sofort aktiv ignoriert. Dies ermöglichte ihm wieder mehr Raum für positive Gedanken und das Finden neuer Ideen und Wege. Dr. Lotto schreibt «vom besten Weg», um mit aktivem Ignorieren Angstzustände zu überwinden.
Der wichtigste Ansatz, um anders zu handeln, ist anders zu denken und anders zu schauen. Je früher wir unsere Gedanken wahrnehmen, desto besser können wir sie steuern! Als eine der wichtigsten Massnahmen gilt zudem der offene Dialog mit Fachleuten und Angehörigen.