Steigende Gesundheitskosten: Zwischen gesellschaftlichen Entwicklungen und Hoffnung
"Die Universitätsspitäler in Bern, Zürich, Genf und Lausanne haben im Jahr 2023 zusammen über 220 Millionen Franken Verluste angehäuft." schreibt die NZZ im Kommentar "Zeitbombe Spitalfinanzierung". Die Spitäler der Kantone Aargau, Bern, Freiburg und weitere mussten mit Millionen Franken unterstützt werden. Als Hauptgründe werden die Alterung der Gesellschaft (SRF), die inflationäre Teuerung bei Einkauf und Energie sowie Lohnanpassungen (NZZ) genannt. Ansätze, die den administrativen Aufwand für Ärzte - dank professioneller KI - um bis zu 70 Prozent senken und Personaleinsatz-Planung, die mit
Die Schweiz hat eines der teuersten Gesundheitswesen in Europa, so das Fazit eines Berichts von SRF. Bis 2026 sollen die Kosten auf über 106 Milliarden (Vergleich 2022 = 91,4 Mia) Franken ansteigen (Berechnung: Konjunkturforschungsstelle KOF der ETH Zürich). Als Hauptgrund für das Kostenwachstum nennt SRF: Uns. Die Bevölkerung. Sie nimmt mehr Gesundheitsleistungen in Anspruch.
Senioren brauchen mehr Pflege
Ein grosser Einflussfaktor bei diesem Mehr an Gesundheitsleistungen (Spitalaufenthalte und Medikamente) ist die demografische Entwicklung in unserem Land.
Wir werden immer älter, daher gibt es zahlenmässig immer mehr ältere und vor allem hochaltrige Menschen. Während immer weniger nachwachsen.
Insbesondere hochbetagte Menschen oder generell Menschen in den ein oder zwei letzten Lebensjahren brauchen häufig eine intensive Betreuung.
Das Gesundheitswesen wird demnach von mehr Patientinnen und Patienten beansprucht.
Die Pflegeinitiative wird teuer
Neben der anzahlmässigen Zunahme von pflegebedürftigen Seniorinnen wird auch die Umsetzung der Pflegeinitiative-Etappe 2 für Spitäler massive zusätzliche Kosten bewirken. Ein Beispiel:
Ein Zentrumsspital mit rund 3500 Angestellten und gegen 500 Millionen Franken Umsatz muss mit jährlichen Mehrkosten im Umfang von 11,5 Millionen Franken rechnen.
(Quelle: NZZ.ch, "Zeitbombe Spitalfinanzierung" Link auf https://www.nzz.ch/meinung/zeitbombe-spitalfinanzierung-ld.1866046 )
Mögliche Sparmassnahmen wären:
- nicht versorgungsrelevante Spitäler zu schliessen und
- mehr auf Ambulantisierung (Auslagerung sozialer und gesundheitlicher Versorgungsleistungen aus dem stationären in den ambulanten Sektor) zu setzen.
Damit könnte die Aufenthaltsdauer von Patieninnen verkürzt und die weitere medizinische Versorgung durch Hausärzten, Psychotherapeuten etc. übernommen werden.
Bekannterweise fehlt es auch an Hausärzten und auch die Psychotherapie und Psychologie ist schon seit einiger Zeit an oder über ihrer zumutbaren Grenze.
Es stellt sich die Frage, ob es so oder so nur zu einer Umlagerung kommt. Damit können die einen aufatmen und andere werden noch mehr belastet.
Wenn angehende Fachkräfte etwas ganz sicher wahrnehmen, dann ist es, wie sich ein Beruf und dessen Anforderungen entwickeln.
So gewinnt man keine zukünftigen Mitarbeitenden!
Hoffnungsträger künstliche Intelligenz
Im Zusammenhang mit dem Kostenwachstum im Gesundheitswesen wird künstliche Intelligenz immer wieder als Hoffnungsträger platziert. Im Artikel "Wo künstliche Intelligenz das Gesundheitswesen verändert" vom 17.8.2024 in Medinside.ch, der Online-Plattform für das Gesundheitswesen, wird aufgelistet, wie und wo KI im Gesundheitswesen eingesetzt wird. Das Whitepaper "KI für bessere Abläufe in Medizin und Pflege: Anwendungen und Potenziale in organisatorischen Prozessen" ist auf plattform-lernende-systeme.de erhältlich.
Auf der Plattform "Lernende Systeme" schreiben Autoren der Arbeitsgruppe Gesundheit, Medizintechnik und Pflege, dass künstliche Intelligenz für das Gesundheitssystem enorme Potenziale für Veränderung und Nachhaltigkeit bietet.
Durch massgeschneiderte Therapieansätze, die die Patientenversorgung optimieren, können Gesundheitsfachkräfte entlastet und Kosten gesenkt werden.
Die Nutzung von KI beschränkt sich aktuell vor allem auf die klinische Versorgung in Forschungseinrichtungen . Daneben gibt es für den organisatorischen Bereich der Gesundheitsversorgung diverse Anwendungsmöglichkeiten für KI-Lösungen. Zum Beispiel
Automatisierung sowie Assistenzsysteme in der Personalplanung, beim Terminmanagement oder bei der Abrechnung. Arbeitsabläufe optimieren, Ressourcen besser nutzen und Engpässe vermeiden: Dies ermöglicht Entlastung und Kostensenkung.
Das Potenzial ist hier besonders gross, denn Gesundheitsfachkräfte verbringen bis zu 25 Prozent ihrer täglichen Arbeitszeit mit rein organisatorischen Tätigkeiten.
Auch Medinside.ch liefert im erwähnten Artikel ein konkretes Beispiel, wie viel Potenzial darin liegt, Arztberichte durch KI zu ergänzen, entschlacken, erleichtern oder gar zu ersetzen. Das amerikanische Start-up "Abridge" (deutsch: Abkürzen) erhielt 150 Millionen Dollar an Risikokapital. Das angekündigte KI-Tool soll Arztgespräche mit Patienten transkribieren und für elektronische Patientenakten oder klinische Informationssysteme von Spitälern greifbar machen.
Solche Lösungen werden übrigens in der Schweiz schon angeboten. Es ist möglich, den administrativen Aufwand von Ärzten um bis 70 % zu senken (Quelle: mediaconsult.space ).
Ebenfalls kann mit der individuell anpassbaren Webapplikation hospital-pool.ch die Personaleinsatz-Planung einfach und flexibel organisiert werden.
Mancherlei repetitive Arbeiten können sehr gut durch KI übernommen werden. Doch das spezifisch Menschliche kann dadurch natürlich niemals ersetzt werden . Weiter darf nicht vergessen werden, dass genau diese Arbeiten durch Menschen gemacht werden, die von ihrer Persönlichkeit (z. B. Autismus-Spektrum-Störung) auf repetitive Arbeiten angewiesen sind.
Die Erwartung, durch künstliche Intelligenz eine einfache und schnelle Lösung zu erhalten, geht wahrscheinlich nicht auf. "SiSo" bedeutet Shit-in-Shit-out. Einfach erklärt: Wenn man Mist in ein System steckt, kommt auch Mist heraus.
Ein Arbeitsablaufsystem, das fehlerhaft ist, wird durch KI nicht einfach besser. Auch künstliche Intelligenz bedeutet zuerst einmal Mehraufwand, bevor sie uns einen Nutzen bringt.
Wo wollen wir hin?
Zunehmender Finanzierungs- und Leistungsdruck
Wie soll das Gesundheitswesen gesund werden, wenn wir seine Voraussetzungen nicht berücksichtigen?
- Gesundheit ist von vielen Faktoren abhängig. Zum Beispiel von der Entwicklung der Gesellschaft, von den Auswirkungen politischer Entscheide, von Umwelt und Klima bis hin zu unserer persönlichen Fitness. Krankheit entwickelt sich sehr häufig schleichend und verlangt oft schnelle und wirksame Hilfe. Vieles ist nicht planbar.
- Potenzielle Patientnen erwarten sofortige Hilfe. Wartezeiten sind für sie unvorstellbar.
- Auch mit KI werden viele unvorhersehbare Ereignisse, Krankheiten, Unfälle etc. auftreten, die ein Arbeiten nach Budget beeinflussen.
- Die Kosten im Griff zu haben ist das eine. Um jeden Preis und auf Kosten von vulnerablen Patienten und Personal Gewinne zu erzielen, ist das andere - und dies ist sehr fragwürdig.
Zukunft fängt mit Fragen-Stellen an. Mit Dranbleiben und mit kleinen Schritten.
Es geht um eine einzigartige Vision: Menschen für Menschen!
14.2.2025, Andreas Räber, Enneagramm Trainer Cp, Wetzikon