Angst als positive Antriebskraft

Angstzustände kennen die meisten Menschen. Sie nehmen uns Kraft und Motivation, sie lähmen uns und wirken wie Lupen: sie vergrössern bevorstehende Ereignisse. Insbesondere, wenn wir über längere Zeit am Limit laufen. Auch die sehr fragwürdige und stressfördernde Situation im Gesundheitswesen fördert Ängste. Dabei wollen wir nicht stehen bleiben. Hat Angst auch positive Aspekte? Natürlich! Um die geht es in diesem Artikel.

Keine Pflegekraft will einer nicht mehr händelbaren Welle von kranken oder verletzten Menschen gegenüberstehen und erleben, dass man diesen Patienten nicht gerecht werden kann. Da können wir in Angstzustände geraten, die sich sogar zu Panikattacken steigern können.

Haben wir Angst, werden wir von «Könnte-Sein-Ereignissen» gesteuert.

Angstgesteuert zu sein, unterdrückt unsere Kompetenzen. Es passieren mehr Fehler.

Es gibt viele Formen von Angst:

  • Versagensangst
  • Zukunftsangst
  • soziale Angst
  • Verlustangst
  • Angst vor Krankheiten
  • Prüfungsangst
  • Angst vor der Angst
  • Angst vor dem Tod
  • etc.


Kein Mensch ist frei von Angst

Seit Menschengedenken haben Menschen Ängste. Das wird auch in Zukunft so bleiben. Angst gehört zu den Dingen, die wir gerne verstecken. Einige sogar vor sich selbst. Weil wir Angst haben (ja eben!), das Gesicht zu verlieren, wenn wir es mal verlieren. In unserem Denken fühlt sich das wirklich nach Verlieren an. Wir kämen nie auf den Gedanken, dass es auch ein Gewinn sein könnte.

Das Gemeine bei der Angst ist, dass sie - sich selbst überlassen - über sich hinauswächst. Zumindest in uns drin. Da, wo eh schon kein Platz mehr ist.

Dann springt sie auf unser Umfeld über und sucht sich dort mehr Raum. Das macht sie klammheimlich. Ihre Nahrung ist Unsicherheit und Schweigen, das baut ihr Brücken zu einem ganzen Team oder sozialen Netz.

Was können wir tun?

Angst liebt zwar Aufmerksamkeit, aber nur, wenn sie diese steuern kann. Sich mit ihr auseinanderzusetzen und sie gar beim Namen zu nennen, davor hat die Angst Angst. Das nimmt ihr Kraft und manchmal sogar ihre Daseinsberechtigung.


Ängste überwinden und loswerden

Loswerden? Das nun doch besser nicht. Auch wenn wir gerne klare Verhältnisse haben (da wissen wir, was zu tun ist und müssen keine ... Sie wissen ja ...), sind Ängste eben auch gut. Sie dienen dem Schutz vor Gefahren und fokussieren auf Ziele, die erreicht werden möchten. Eine Art Grund-Angstflow treibt uns in die Handlung.

Die Angst ...

  • ... zu spät zu kommen, treibt auch die grössten Morgenmuffel aus dem Bett. Was Partner, Eltern und Hunde oft nicht schaffen.
  • ... durch eine Prüfung zu fallen, lässt uns unsere beschränkte Zeit besser einteilen, statt am Smartphone hängen.
  • ... vor zu vielen Patienten lässt uns Prioritäten setzen und langjährige Leerläufe als das benennen, was sie sind: überflüssig.
  • ... nicht zu genügen oder uns minderwertig zu fühlen, lässt uns unsere Kompetenzen pflegen und erweitern. Wir lernen besser, dank diesem inneren Antrieb.
Ich bin überzeugt, dass Ängste Ursprung zahlreicher genialer Erfindungen waren und immer noch sind!


Das müssen wir über Angst wissen

  • Sie fühlt sich an wie die Wahrheit. Diese ist immer subjektiv und abhängig von unserer geistigen und körperlichen Fitness. In schlechten Tagen brüllt die Ameise wie ein Löwe und in guten nehmen wir es sogar mit Letzterem auf.
  • Klopft die Angst an, lassen wir sie am besten herein und machen einen Realitätscheck. Sind deren Aussagen glaubwürdig? Die meisten «Könnte-Sein-Ereignisse» können so gar nicht sein.
  • Angst sollten wir immer ernst nehmen. Schon von klein auf. Kaum geboren.
  • Was will sie uns sagen? Was ist die Basis für ihre Aussage? Wie ist ihre DNA?
  • Verdrängen wir Angst, paart sie sich reihenweise mit anderen Ängsten. Nach dem Motto: «Gleich und gleich gesellt sich gern.»
  • Angst beginnt häufig im Kopf und unsere Gedanken sind grenzenlos. Da gibt es keine Stoppschilder und Geschwindigkeitsbegrenzungen. Hier tummeln sich grossartige Erfindungen, geniale Weiterentwicklungen, Unwahrheiten und Ängste. Alles drin!
Angst kann Leben retten. Es negativ oder positiv beeinflussen - entscheidend ist der Raum und die Bedeutung, die wir ihr geben.

Eine offene Kommunikations- und Feedbackkultur, professionelle Begleitung und bewusste Auseinandersetzung sind immer die richtigen Schritte in ein angst-relativiertes Leben.

19.12.2023, Andreas Räber, Enneagramm Trainer Cp, Wetzikon