Mitarbeiterbindung: Drum prüfe, wer sich ewig bindet

Wenn sich Mitarbeitende entscheiden, zu kündigen, hinterlassen sie immer eine Lücke. Ist das Team eh schon am Limit, fallen zusätzliche Aufgaben auf die verbleibenden Angestellten. Bis eine Stelle neu besetzt werden kann, dauert es seine Zeit, der Fachkräftemangel macht es auch nicht besser. Doch soweit muss es gar nicht kommen. Wir Menschen sind zu einem sehr grossen Teil Gewohnheitstiere. Will heissen, oft sind es innerbetriebliche Gründe, die eine Kündigung bewirken. Mitarbeiterbindung ist angesagt. Eine, die freiwillig ist.

Jedes Unternehmen, jede Abteilung und auch jede Beziehung ist früher oder später ein eingespieltes System. Am besten kennen wir es vom Sport. Ein Fussballteam zum Beispiel. Wenn Führungsspieler gehen, überhaupt, wenn es Abgänge im bestehend System gibt, dann braucht das Team Zeit, bis es wieder neu eingespielt ist. Eingespielt? Warum?

Wir kommunizieren untereinander. Immer. Selbst dann, wenn wir es nicht zu tun meinen. Dann tun wir es vermutlich am deutlichsten.

Heisst: Es gibt eine unbewusste Kommunikation. Dazu gehören die Körpersprache, die Mimik, die Tonalität, die Vorgeschichte, unser Handeln und unsere Deutungen. Es müssen also gar nicht Worte sein, die kommunizieren.

Bei einem eingespielten Team kommt auch ein blinder Pass an. Weil man einander kennt. Weil auch Unbewusstes richtig gelesen werden kann.

In der Regel dauert es bis zu einem Jahr, bis sich neue Mitarbeitende gut eingearbeitet haben. Das ist mit hohen Kosten verbunden - wenn man genau hinsieht. Mitarbeitende zu entlassen, muss also gut durchdacht sein.

Niemand ist 1:1 ersetzbar!

Das bedeutet allerdings nicht, dass man ohne sie nicht weiter erfolgreich sein kann. Manchmal vielleicht sogar eher.

Nichts desto trotz: Mitarbeitende, die kündigen, fehlen nun mal. Das muss nicht schöngeredet werden. Besonders in Branchen wie dem Gesundheitswesen.

Wie fördert man eine gesunde Mitarbeiterbindung?

Gibt es allgemeingültige Regeln, wie man eine gesunde Mitarbeiterbindung aufbaut? Vermutlich nicht. Denn wir haben es ja immer mit individuellen Menschen und ebenso individuellen Bedürfnissen zu tun. Gewisse Rahmenbedingungen sind allerdings gegeben.

Die wichtigsten in Kürze:

Ziele und Werte

Oft sprechen wir über Ziele und meinen damit unsere Werte. Sinnstiftende Arbeit - was wir uns alle wünschen - geschieht über die Möglichkeit, persönliche Werte leben zu können. Ist dies nicht möglich, steigt die Gefahr einer Kündigung.

Im Gesundheitswesen lautet das offizielle Ziel, vulnerable Menschen zu begleiten. Die Realität sieht jedoch anders aus. Statt Begleitung heisst es immer mehr: Statistiken erfassen. Um das Regelwerk - definiert von vom Gesundheitswesen fernstehenden Verantwortlichen - zu erfüllen.

Arbeitszeit: Teilzeit, flexible Arbeitszeitmodelle

Unsere Gesellschaft hat sich entwickelt. Während Corona haben wir erlebt, dass Home Office möglich ist. Arbeitnehmer haben auch festgestellt, dass fehlende Fachkräfte ihnen mehr Spielraum bzw. mehr Verhandlungsmöglichkeiten erlauben. Plötzlich sind persönliche Wünsche erfüllbar. Zum Beispiel Teilzeit und Quereinstiege. Warum also sollen Sie nicht ihre optimale Arbeitszeit wünsche dürfen? Klar: Unfall und Krankheit sind nicht planbar. Trotzdem.

Es gibt etliche Betriebe, die aufzeigen, dass auch mit weniger Arbeitszeit eine ähnliche Leistung erbracht werden kann.

Was ist möglich und was definitiv nicht? Was können wir neu denken und leben?

Konkret gelebte Wertschätzung

Ein fairer Lohn bedeutet Wertschätzung. Doch Wertschätzung hat noch andere Gesichter. Eine positive Feedbackkultur zum Beispiel. Oder

  • Mitspracherecht
  • Gerechtigkeit
  • Weiterbildungsmöglichkeiten
  • partizipativer Führungsstil
  • Vergünstigungen
  • ein Betriebskindergarten
  • eine gute Kantine
  • kostenlose Getränke, Obstkorb und Parkplätze
  • ein erweiterter Unfallschutz durch Gruppenunfallversicherung
  • etc.

Es geht darum, die Wünsche oder Feedbacks von Mitarbeitenden aufzunehmen und möglichst innert nützlicher Frist abzuklären.

Dass nicht alles möglich ist, ist klar - sofern es für alle gilt!

Gibt es faule Mitarbeiter?

Als Unternehmen pickt man gerne, typisch schweizerisch, die Rosinen aus dem Kuchen - und möchte natürlich möglichst lange etwas von ihnen haben. Dieses Vorgehen ist irgendwie menschlich, soll aber doch hinterfragt werden dürfen.

"Niemand tut etwas ohne Grund."

Dieses Zitat stammt aus einem Krimi, genauer gesagt von einer Profilerin. Menschen können so grundverschieden sein. Sind erfolgreiche Menschen erfolgreich, weil sie viel gearbeitet haben? Und nicht erfolgreiche haben demnach nicht alles gegeben? Wir werden es nie herausfinden, weil vieles auch Glücksache ist.

Entmutigte Mitarbeiter können sich unter Umständen innerhalb weniger Jahre zu stabilen Führungskräften entwickeln, wenn sie entsprechend unterstützt werden.

Gesehen und gefördert werden tut uns allen gut.

Wenn nichts mehr nützt

Manchmal möchten sich Mitarbeitende einfach neu orientieren oder wichtige Grundwerte stimmen nicht mehr mit den Unternehmenszielen überein. Private Herausforderungen wie Umzug oder Scheidung tragen das ihre dazu bei, den bisherigen Arbeitsplatz verlassen zu wollen.

Es kann und darf sein, dass Mitarbeitende sich neu orientieren möchten. Als Gesundheitsbetrieb kann man die Personalfluktuation nur eingrenzen. Äussere Einflüsse sind nicht steuerbar.

Die Individualpsychologie lehrt uns, dass alle Menschen einen Beitrag zur Gesellschaft leisten möchten.

Gewisse Erlebnisse und deren Einordnung können uns in unserer Entwicklung bremsen. Ein aktives Hinsehen, Wahrnehmen und Verarbeiten kann aus Erlebtem neue Kompetenzen bewirken.

Was wirklich zählt

Im Grunde genommen geht es um

  • die Qualität einer Beziehung und, damit verbunden,
  • um Authentizität,
  • um Wahrheit und
  • um Gleichwertigkeit.
Kurz und bündig, um unsere Grundbedürfnisse. Das Gefühl, dazuzugehören. Gehört werden, mittragen, mitgestalten, etwas bewirken und gemeinsam überwinden können.

Darum verbinde, wer sich laufend prüft ...

29.7.2025, Andreas Räber, Enneagramm Trainer Cp, Wetzikon