Kinderpsychiatrie: Kinder & Jugendliche in psychischer Not!

Psychische Erkrankungen unter Kindern und Jugendlichen nehmen zu. Corona ist zwar nicht der alleinige Grund für die Zunahme, aber die Pandemie hat das Leiden verstärkt. Eine Studie zeigt, dass der Anteil Jugendlicher mit Suizidgedanken von 2019 bis 2021 sich um 15 Prozent, bei den Jungen gar um 17 Prozent gesteigert hat. Ein Einblick in die Situation von Kindern und Jugendlichen in psychischer Not.

«Ich fühle mich traurig und leer, doch niemand interessiert sich dafür.» Es sind triste Lebensgeschichten, die betroffene junge Menschen im Gespräch mit Fachpersonal berichten. «Ich war zu Hause und hörte Geräusche in der Wohnung, als ob jemand da wäre» berichtet eine 16-Jährige im Artikel «Corona treibt viele Jugendliche in psychische Not» (NZZ.ch 5.12.2021). Die Jugendliche ist dann ins Bad geflüchtet, hat sich eingeschlossen und zwei Stunden ausgeharrt.

«Im Internet habe ich das Leben, das ich gerne hätte»

erzählt sie weiter. Im richtigen Leben scheint sie verloren. Die Kinderpsychiatrie ist gefordert!

Kinderpsychiatrie gestern, heute und in Zukunft

Kinderpsychiatrien sind oft voll. Jugendliche müssen darum immer wieder auf die Erwachsenenstation verlegt werden, was für Betroffene, welche sonst schon instabil sind, wie ein Schockerlebnis sein kann. Ob es überhaupt sinnvoll ist, Jugendliche mit Erwachsenen zu vermischen? Rüttelt man doch indirekt an den Perspektiven, dass es später besser und anders werden könnte. Und dann werden die Jugendlichen damit konfrontiert, dass potenzielle Vorbilder ebenfalls betroffen sind. Wohin also mit den Betroffenen?

Laut dem Kinderspital Zürich war die Versorgung der Kinder- und Jugendpsychiatrie schon vor der Pandemie schlecht. Seit Corona ist sie katastrophal schlecht.

Das Problem ist, dass psychische Erkrankungen bei Kindern und Jugendlichen wichtige Entwicklungsschritte verhindern können. Es droht eine Chronifizierung der Störungen. Allfällige Probleme müssen darum so früh wie möglich wahrgenommen und geklärt werden.

Der Zürcher Regierungsrat hat das Problem erkannt und 7.9 Millionen Franken finanzielle Unterstützung beschlossen. So ist der Ausbau für Spitäler und Klinken für zusätzliche Stationäre und ambulanten Kapazitäten möglich. Doch ein Ausbau dauert und was kann man in der Zeit tun, bis auf das erweiterte Psychiatrieangebot zugegriffen werden kann?

Sicherheit und Perspektiven fördern, Strukturen anbieten

Menschen mit psychischer Instabilität brauchen soziale Strukturen, Kontakte zu Freunden und Familienstrukturen. Geht dies verloren, wird die Kontrolle oft anderweitig gesucht. Mögliche Perspektiven werden dann am Handy erforscht. Die Gefahr von Suchtverhalten jeglicher Art steigt.

Zu wenig Schlaf und zu langer Handykonsum hinterlassen negative Spuren in Psyche und Körper.

Therapien wirken in diesem Fall nicht im gewünschten Ausmass. Struktur im Alltag, Menschen, die einem gut tun, Bewegung - am besten in einem Sportclub, sind immer hilfreich. Es ist ein Ausbrechen aus einer belastenden Lebensform. Das Spüren einer gesunden Normalität.

«Jeder Mensch braucht etwas, das ihn antreibt»

Obiges Zitat stammt aus der Werbung der Volks- und Raiffeisenbanken. Geht es uns nicht gut, so suchen wir uns etwas, das uns im Moment Kraft und Perspektiven verleiht. In schwierigen Zeiten sind Erfolgserlebnisse immens wichtig. Erfolglos zu sein - und das nicht nur im beruflichen Sinn - kann einen ganzen Rattenschwanz an negativen Gefühlen und Gedanken nach sich ziehen, die Handlungen negativ beeinflussen und zu genereller Entmutigung führen.

«Du bist gut genug» ist ein Zitat aus der Transaktionsanalyse (Leonard Bernstein). Diese Aussage zielt darauf, Menschen von innen her zu stärken. Wer sich gesehen, akzeptiert und getragen fühlt, kann Krisen besser meistern. Diese Grundlage des Angenommen- und Gewollt-Seins wird in der Kindheit gelegt. Sie zeigt sich in gemeinsamen Unternehmungen, im Spielen, im Sandkasten, im Erleben der Gemeinschaft, zu der wir gehören, ob uns etwas gelingt oder nicht.

Ein gesundes Miteinander bewirkt Stabilität und schenkt Perspektiven bei Kindern und Jugendlichen und trägt viel dazu bei, die überbeanspruchte Psychiatrie zu entlasten.

28.1.2022, Andreas Räber, GPI®-Coach, Wetzikon